Das Mädchen mit der weißen Schürze

Wenn man planlos einen Horrorroman beginnt, kommt meistens nichts gutes bei heraus. Das kann ich mit Bestimmtheit sagen. Ich habe 2013 angefangen mit der Geschichte „Das Mädchen mit der weißen Schürze“. Eigentlich sollte es darum in Flashbacks gehen, wie ein Mann und eine Frau einem Dämon in Gestalt eines kleinen Mädchens mit Schürze immer tiefer in den Wald folgen. Die Geschichte beginnt mit einem Autounfall, geht über in ein kleines Ferienhaus am See. Der Dämon ist allgegenwärtig. Da ich leider keine gute Idee für weitere Sätze hatte, habe ich die Geschichte nach gut elf Seiten wieder verworfen. Einen kleinen Auszug will ich aber nicht vorenthalten.


Er sitzt im Auto. Die Straße ist frei, aber der Regen peitscht auf die Windschutzscheibe. Die Handbremse reagiert nicht mehr, als er sie ziehen will. Sein Auto rast merklich schneller. Die Erde, vom Wasser aufgeweicht, rinnt den Hang rechts von der Straße hinab. Nach einiger Zeit lässt der Mann im Wagen die kahle Ebene mit dem Hang hinter sich und kommt in einen Wald.

Der Mann blinzelt einmal. Diese Erinnerung ist ihm noch lebhaft im Kopf.
Er ist in der Küche, als er den Fuß der Treppe erreicht. Der Flur erstreckt sich zu seiner Lin-ken. In der Küche steht ein großer Tisch, der mit einer Tischdecke gedeckt ist. Auf dieser steht eine erloschene Kerze und ein Ehering liegt auf dem groben Stoff.
Das Fenster direkt über dem Tisch lässt viel Sonnenlicht herein und den Ring glitzern. Der Mann geht in den Flur und sieht die offenstehende Haustür. Das Quietschen dringt erneut an seine Ohren, weshalb er seine Schritte beschleunigt.
Als er durch die Haustür tritt, fällt sein Blick auf das rechts vor dem Haus parkende Auto. Des Mannes beigefarbene Wagen. Staub auf der Motorhaube, blassrote Flecken auf der Front-scheibe.
Das Quietschen dringt erneut an seine Ohren und er wendet den Kopf nach links. Die Hollywoodschaukel ist es, die das Geräusch verursacht.

Quietsch.
Quietsch.
Quietsch.

Aber der Mann achtet nicht mehr darauf. Seine Aufmerksamkeit gilt der Frau, die darauf liegt.

Ruckartig muss er bremsen. Seine Handbremse funktioniert nicht, als er sie zieht. Er drückt auf das Bremspedal und schlitternd kommt der Wagen zum Stehen.
Die Frau, die aus dem Wald gestürzt ist, und deren Stimme der Mann vernommen hat, steht kreidebleich vor der Motorhaube und blickt ihn panisch an.
„Ich hab sie umgebracht!“, kreischt sie, dann rennt sie auf die Beifahrerseite des Wagens zu und reißt die Tür auf. Sie setzt sich in den Wagen und schlägt sie zu. „Fahr los!“, schreit sie fle-hend und ängstlich zugleich.
„Wohin denn?“, fragt der Mann unruhig. Er hat das Bedürfnis der Frau zu helfen, denn er kennt sie.
„Hier rechts“, flüstert die Frau und der Mann gibt Gas.

Wieder blinzelt der Mann, um die Erinnerung zu verdrängen. Es war einfach zu viel, was er gestern Abend erlebt hatte.
Mit dieser Frau, die vor ihm liegt. Was sie ihm gezeigt hatte, war ungeheuerlich gewesen. Die Frau auf der Hollywoodschaukel sieht friedlich aus. Anscheinend hat sie das Gestrige wieder vergessen. Der Mann aber nicht. Er ist zum Schweigen verpflichtet worden. Von der Frau, die vor ihm liegt.

Sie schlägt die Augen auf und richtet sich auf. Bevor sie den Mann erblickt, wird sie eine Spur blasser und schließt die Augen.


Ich konzentriere mich momentan sehr auf literarische Beiträge. Warum? Erstens kann ich das gerade nebenbei gut stemmen, weil ich die literarischen Texte nun schon vor Jahren geschrieben habe – und Dir jetzt zugänglich mache. Der Audiocontent braucht einfach noch etwas mehr Zeit. In Kürze kommt auch der erste Reisebericht über ein eher ungewöhnliches Land – Rumänien. Bis dahin wünsche ich viel Freude mit den Literaturfetzen. Übrigens: fabula vaporis – Das Uhrwerk kannst Du nach und nach episodenartig komplett lesen.

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